Richtig verstehen: Das sind die Unterschiede zwischen Scrum Master*inen, Agile Coach*innen und Agile Master*innen

Dieser Artikel wurde auf dem Blog von agilealliance.com erstveröffentlicht.

Es ist verblüffend, wie hartnäckig sich so manche Missverständnisse in der agilen Welt halten. Eines betrifft zweifelsohne das Verständnis über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Scrum Masters, Agile Coaches und Agile Masters.

So liest oder hört man öfter, dass ein*e Scrum Master*in eine Art von „Agile Coach*in in Ausbildung“ oder „Junior Agile Coach*in“ sei, ein Startpunkt für den Weg in einem agilen Unternehmen, an dessen Ende eine Position als Agile Coach*in stehen würde. Doch schaut mach sich die Aufgaben und Bedeutungen einmal genauer an, stellt man schnell fest: Das ist per se falsch und entblößt folgenschwere Bildungslücken. Grund genug um Klarheit zu schaffen:

Was macht ein*e agile Coach*in?

Ein*e Agile Coach*in coacht Teams und/oder eine Organisation im agilen Arbeiten. Er*sie kennt sich aus eigener Erfahrung mit agilen Methoden, Werkzeugen, Werten und Prinzipien aus und unterstützt so dabei, agile Arbeitsweisen zu erlernen und agile Werte zu verinnerlichen. Dabei agiert er*sie als Trainer*in, systemische*r Coach*in, Facilitator*in, Organisationsentwickler*in und Mentor*in.

Und was macht ein*e Scrum Master*in?

Arbeitet eine Organisation oder ein Team mit dem Framework Scrum, nehmen die Menschen im Unternehmen basierend auf ihren Interessen und Qualifikationen eine der drei Scrum-Rollen ein. Neben dem Entwicklungsteam und dem*der Product Owner*in wird es im Scrum Team auch eine*n Scrum Master*in geben. Der*die Scrum Master*in ist dann dafür zuständig, das Scrum richtig verstanden und erfolgreich angewendet wird. Das bedeutet: Er*sie coacht Teams und/oder Organisationen im Ausüben von Scrum.

Agile Coach*in und Scrum Master*in im Vergleich

Ein*e Scrum Master*in ist also in erster Linie eine konkrete Rolle in Scrum. Eine Rolle, die von einem*einer Agile Coach*in angenommen werden kann. Denn obwohl der Fokus auf der Methode Scrum liegt, bedeutet das nicht, dass ein*e Scrum Master*in das Wissen über anderen agilen Methoden und Werte nicht benötigt. Es ist im Gegenteil sogar eine Voraussetzung für die Ausübung, dass er*sie sich mit Agilität in allen Bereichen auskennt.

Warum? Will ein Unternehmen agil werden und agil arbeiten, entscheidet es sich in erster Linie für Agilität und stellt dann im zweiten Schritt fest, dass Scrum für diese Personengruppe die richtige agile Methode ist. Soll nun jemand dabei unterstützen, bestmöglich mit Scrum zu arbeiten, kann er*sie das nur, wenn er*sie sich bestmöglich mit Agilität auskennt. In allen Aspekten, inklusive Scrum.

Ein*e Scrum Master*in ist also ein*e Agile Coach*in, der*die dafür sorgt, dass Scrum bestmöglich angewendet wird. Und ein*e Agile Coach*in ist für den agilen Prozess – unabhängig von einem Framework – zuständig. Er*sie arbeitet dann vermutlich ebenfalls mit Scrum, aber eben zusätzlich beispielsweise auch mit Kanban oder eXtreme Programming (XP) -Praktiken.

Bis auf die Kern-Fokussierung auf eine Methode gibt es daher – entgegen der verbreiteten Annahme – keinen Unterschied. So kann ein*e Agile Coach*in sich für den Zeitraum, in welchem sie*er einen Scrum Prozess betreut, auch Scrum Master*in nennen. Er*sie bleibt aber dennoch Agile Coach*in. Die Aufgaben bleiben dieselben.

Die identischen Aufgabenfelder von Scrum Master*in und Agile Coach*in

Egal ob ein*e Agile Coach*in die Rolle des*der Scrum Master*in angenommen hat oder nicht, er*sie arbeitet mit seinen*ihren Tätigkeiten in einem Team oder einer Organisation an der Zusammenarbeit von Menschen. Er*sie verfügt in beiden Fällen über ein breites Wissen, was agiles Arbeiten und verschiedene Methoden und Frameworks betrifft und hat sich intensiv damit beschäftigt, wie Zusammenarbeit funktioniert und wie Organisationen funktionieren. Er*sie verfügt somit über einen großen Erfahrungsschatz, der dem Team und der Organisationen dabei hilft, besser zu werden und anhand von agilen Methoden eine flexible Zusammenarbeit zu schaffen und Aufgaben im komplexen Umfeld bestmöglich zu meistern.

Agile Coach*in und Scrum Master*in wirken auf das gesamte Unternehmen

Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob die Person auf Team- oder auf Organisationsebene agiert. Eine klare Trennung dieser beiden Aufgabenbereiche ist oft auch gar nicht möglich. Wenn ein*e Scrum Master*in aktuell ein Team betreut, liegt der Fokus vielleicht auf dem Team, jedoch ist dieses Team auch Teil einer Organisation und agiert niemals isoliert. Arbeitet ein*e Scrum Master*in also mit dem Team, arbeitet er*sie automatisch auch mit der Organisation und wirkt in sie hinein.

Ab und an meinen Personen in hierarchische Unternehmen, ein*e Scrum Master*in dürfe nicht in die Organisation außerhalb des Teams eingreifen. Diese Überzeugung ist ein Zeichen dafür, dass Agilität nicht wirklich gelebt und Scrum nicht oder oder in größeren Teilen falsch verstanden wird. Das äußert sich darin, dass der*die Scrum Master*in nicht wirklich in ihrer*seiner tatsächlichen Rolle ernst genommen wird und stattdessen als eine Art von „Moderatoren-Rolle“, eingebettet in die alte hierarchische Struktur, gesehen wird. Doch was für eine Wirkung hat jemand, der*die nur mitschreibt und moderiert? Oder das Scrum-Board an der Wand oder in Jira pflegt und Outlook-Termineinladungen für die Scrum-Events verschickt? Wenn es um echte Probleme geht, kann sich so niemals tatsächlich etwas ändern oder verbessern.

Und was ist dann ein*e agile Master*in?

Eine*n Agile Master*in gibt es eigentlich nicht. Das Wort ist ein Kunstwort, welches erfunden wurde, um ein Äquivalent zum*zur Scrum Master*in zu haben, wenn nicht oder nicht nur mit Scrum sondern eventuell auch mit einem anderen agilen Framework wie Kanban, eXtreme Programming, Hybrid-Ansätzen oder Skalierungsframeworks wie SAFe (Scaled Agile Framework) gearbeitet wird. Hintergrund ist auch hier ein fehlendes Wissen über die Bedeutung, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Rolle Agile Coach*in und Scrum Master*in.

Fazit: Man hätte demnach auch einfach Agile Coach*in sagen können.

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