Was sind agile Methoden?

Agile Methoden sind Methoden, die agilem Handeln einen unterstützenden Rahmen geben. Die verschiedenen Ansätze haben sich getrennt voneinander entwickelt, können sich aber ergänzen. Auch haben sie unterschiedliche Zielsetzungen. Im Vordergrund steht aber immer der Gedanke Komplexität zu bewältigen.

Die Aufgabe eines Agile Coaches ist es, agile Methoden zu kennen und bewerten zu können, wann welche Methode am besten eingesetzt wird. In seiner Rolle als Begleiter und Mentor für Teams, Einzelpersonen und gesamte Organisationen, kann er die Methoden auch im Prozess untereinander kombinieren.

Agile Methoden Übersicht

Scrum – hypothesenbasiertes Framework

Scrum ist ein hypothesenbasiertes Framework zur Entwicklung innovativer Produkte im komplexen Umfeld durch verschiedene Rollen, Artefakte und Ereignisse. Entwickelt wurde Scrum von Jeff Suttherland und Ken Schwaber.

Ziel von Scrum

Das Ziel von Scrum ist es, innovative Produkte im komplexen Umfeld zu entwickeln. Innovationen bedeuten immer, dass man nicht über lange Zeit planen kann, sondern in kurzen Zeitabschnitten. Deshalb werden Teilziele (Inkremente) definiert und nacheinander entwickelt. Dazwischen muss immer wieder ausprobiert werden. Sind die vordefinierten Inkremente additiv zueinander, entsteht so ein Plan auf Sicht, der sich mit den Erkenntnissen verändert und wächst.

Siehe auch „Die 10 typischen Fehler bei der Anwendung von Scrum“

Der Name Scrum kommt aus dem Englischen und bedeutet Gedränge. Warum wurde Scrum so benannt? Weil bei Scrum Ähnliches passiert wie bei Rugby. Wie auf dem Spielfeld, findet bei Scrum ein schneller Austausch darüber statt, wie die nächste Aktion, der nächste Spielzug aussehen könnte. Das Team entwirft gemeinsam einen Schlachtplan für den nächsten Zug. Immer im Hinterkopf, wie der vorherige Spielzug war und was man daraus gelernt hat.

Die Bewertung des vorherigen Spielzugs wirkt sich also auf die Idee für den nächsten aus. Das ist das Prinzip der Inspektion und Adaption. Scrum versucht genau diesen Rhythmus herzustellen: Sich immer wieder abzuwechseln zwischen Köpfe zusammenstecken, in sich kehren und dann wieder raus aufs Feld zu gehen und das beste dabei geben, das zu tun, was im agilen Team vereinbart wurde.

Dies passiert bei Scrum auf mehreren Ebenen. Täglich in Kurzform (Daily Scrum) und in einem zeitlichen Abschnitt von beispielsweise zwei Wochen, der den sogenannten Sprint darstellt.

Ein Agile Coach hat hier die Aufgabe, die Rolle des Scrum Masters zu erfüllen. Dessen Aufgabe ist es, dem agilen Team zu helfen, Scrum als Methode bestmöglich zum eigenen Vorteil zu nutzen. Er oder sie hilft durch die eigenen, jahrelange Erfahrung.

Kanban Methode – den Durchfluss der Aufgaben optimieren

Kanban ist japanisch und bedeutet soviel wie Signalkarte. Eine Karte, die in einem Produktionsprozess signalisiert, dass ein Teilprodukt ausgeht (beispielsweise sind nur noch 10 Schrauben vorhanden) und nachbestellt werden muss. Ein Produkt besteht in der Regel aus sehr vielen Teilprodukten, was dafür sorgt, dass es nicht nur eine oder zwei Signalkarten gibt. Damit nicht alle den Überblick verlieren, weil jeder die Karten zur Erinnerung an ihre Dringlichkeit an unterschiedliche Stellen legt, liegt es nahe, eine Pinnwand aufzuhängen, an dem alle notwendigen Schritte (Karten) gesammelt werden. Kanban arbeitet mit einer solchen Pinnwand (genannt Board). An ihr wird für alle aus dem Team sichtbar getrackt, was noch zu tun ist, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Jeder kann sich für die Bearbeitung einer Karte (genannt Ticket) verantwortlich erklären und die Aufgabe erledigen.

Das Ziel von Kanban

Das übergeordnete Ziel von Kanban ist es, den Durchfluss der Aufgaben zu optimieren. Das Kanban-Board visualisiert diesen Fluss. Im Unterschied zu Scrum ist Kanban ein evolutionäres Vorgehen. Das bedeutet, man beginnt genau da, wo man gerade ist. Respektiert alle Rollen und Titel, die es in dem Moment gibt und versucht auf der Basis die Flowoptimeriung durch Verbesserung zu betreiben. Scrum dagegen ist ein revolutionäres Vorgehen, bei dem auf einen Schlag neue Rolle integriert werden.

Bei Kanban ist es ein wichtiges Prinzip, dass die Anzahl der Aufgaben, die sich in Arbeit befinden, limitiert wird. Auch das sogenannte WIP-Limit (work in progess limit) optimiert die Durchlaufzeit. Auch ist Reflektion und Verbesserung Teil von Kanban als agile Methode. Der Gedanke ist keinesfalls: Ich hänge ein Board auf und mache damit automatisch Kanban. Ohne Retrospektive und daraus resultierender Verbesserung ist das Vorgehen in unseren Augen kein Kanban, sondern Spielen mit dem Kanbanboard.

Ein agiler Coach muss aus unserer Sicht erkennen, wann Kanban eine bessere Herangehensweise ist als Scurm und dann als Begleiter und Mentor teil des Prozesses sein.

Siehe auch „Scrum und Kanban im Vergleich – Unterschiede und Gemeinsamkeiten“

Extreme Programming (XP)

Extreme Programming (XP) ist eine Sammlung von Praktiken (Techniken) wie Software richtig entwickelt wird. Diese Praktiken sind auch auf Produktentwicklung, die nicht im Softwarebereich stattfinden, anwendbar. Entwickelt wurde Extreme Programming (XP) von Kent Beck.

Pairing

Eine Praktik ist das sogenannte Pairing. Beim Pairing arbeiten oder entwickeln zwei Teammitglieder gemeinsam. Es gibt dabei den Driver und den Navigator. Letzterer gibt über Input die Möglichkeit, den richtigen Weg zu fahren. Pairing ist eine Praktik, die die das Lernen im Team verstärkt und fördert.

Refaktoring

Refaktoring ist eine Praktik zur ständige Verbesserung der Substanz. Es wird permanent geschaut, wie man sich kümmern muss, damit ein Produkt lange hält und weiter veränderbar bleibt. Hauptzielsetzung von Extreme Programming ist es, die Änderbarkeit zu unterstützen. Wenn man zulässt, dass das Produkt verrottet, kommt man automatisch an den Punkt, an dem jede Änderung extrem aufwendig wird, da mit dieser Änderung dann auch dieses und jedes geändert werden müsste. Alles ist mit allem verrottet und hängt zu stark zusammen.

Shared Resources

Die Praktik Shared Resources regelt das kollektive Eigentum der Produktentstehung. Teile können jederzeit von allen aus dem Team weiterbearbeitet und verändert werden. Ohne Rücksprache. Es gibt also keine Zuständigkeitsbereiche, die nur bei einer Person liegen und die niemand sonst anfassen darf.

Nachhaltige Geschwindigkeit

Eine weitere Praktik ist die nachhaltige Geschwindigkeit. Es geht darum, dass jeder einzelne und das gesamte agile Team seine natürliche Geschwindigkeit findet. Die natürliche Geschwindigkeit führt automatisch zu höchster Produktivität. Das Ziel ist es, müde, aber nicht erschöpft nach Hause zu gehen.

Kunde im Team

Weiter gibt es die Praktik Kunde im Team. Sie bedeutet, dass immer ein Kunde oder fachlicher Vertreter eng mit dem Team zusammenarbeitet und für Fragen erreichbar ist. Das Ziel ist, dass man die beste fachliche Lösung findet und nicht einfach nur eine machbare. Das entspricht dem Gedanken eines Product Owners.

Bei Extreme Programming finden sich bestimmte Ideen von Scrum wieder

Ähnlich wie bei Scrum gibt es auch bei Extreme Programming Rollen und Events. Zum Beispiel Planninggames, die ein leichtgewichtiges Framework für den Ablauf darstellen.

Sowohl Scrum als auch Extreme Programming sind Methoden, die auf einem Wertegerüst fußen. Die Werte bei Scrum sind: Mut, Commitment, Offenheit, Fokus und Respekt. Bei Extreme Programming sind es: Kommunikation, Feedback, Einfachheit und Mut.

Auch Extreme Programming basierte Projekte können einen Agile Coach haben, der ein Mentor und ein Begleiter für das Team ist.

Design Thinking – Prozess zur Produkt­ent­wicklung

Design Thinking ist ein Prozess zur Produktentwicklung, der von der Design und Innovationsberatung IDEO entwickelt wurde. Dahinter steckte maßgeblich David Kelly. Bei Design Thinking geht darum, einen kreativen Prozess zur Generierung innovativer Lösungen zu durchlaufen. Dieser Prozess ist immer iterativ.

Hypothetisches Verständnis vom Kunden/Nutzer und seinem Problem

Es geht im ersten Schritt darum, hypothetisch ein Verständnis vom Kunden/Nutzer und seinem Problem zu erlangen. Durch den Design Thinking Prozess kann dann eine Lösung erarbeitet werden. Dabei wird versucht, möglichst viele Ideen zu finden, wie wir das Problem lösen können. Auf Basis der Ideen die man entwickelt, wird dann Prototyp gebaut. Dieser dient dazu, dass man über einen Usertest Feedback einholen kann. Das hilft dabei, den im Vorfeld erfahrenen Problemraum zu überdenken, aus der Sicht von anderen Nutzern anders oder neu zu sehen. Das Feedback katapultiert das Team zurück, um neuen Anstoß zu liefern.

Dies ist ein Prozess, den die meisten Designer automatisch durchlaufen. In der agilen Praxis ist es meist ein moderierter Prozess, der am Anfang von einem Vorhaben steht. Design Thinking bietet so eine Methode in die Produktentwicklung rein zu kommen, die man dann mit Scrum, Kanban oder Extreme Programming weiter gestalten könnte. Der Übergang ist vorbestimmt. Irgendwann geht die Arbeit in eine über, die stärker fokussiert darauf ist, ein Produkt zu bauen, statt zu designen.

Design Thinking – Nicht zwingend zu den agilen Methoden gezählt

Design Thinking wird nicht zwingend zu agilen Methoden dazu gezählt. So waren Vertreter von Scrum, Kanban und Extreme Programming dabei, als das agile Manifest entstand und von Design Thinking nicht. Es gibt allerdings Gemeinsamkeiten, die dazu führen, dass man Design Thinking in den Kanon der agilen Methoden aufnehmen kann.

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