Es hapert schon an den Basics – warum agiles Arbeiten nicht nur eine Frage des Mindsets ist

Sylvius beobachtet bei vielen Unternehmen und Organisationen, die er berät, ein Problem, das sich über die Jahre hinweg konstant zeigt: Die einfachsten Rahmenbedingungen oder Praktiken des agilen Arbeitens werden nicht berücksichtigt.

In meiner täglichen Arbeit mit verschiedenen Teams und Organisationen stelle ich immer wieder fest: Die grundlegenden Prinzipien und Praktiken des agilen Arbeitens werden oft nicht verstanden oder umgesetzt. Dies führt zu einer Reihe von Herausforderungen, die vermeidbar sind. Betrachten wir also die zentralen Themen der Priorisierung, des Fokus und der Transparenz genauer, um zu erkennen, wie diese für den Erfolg agiler Methoden unverzichtbar sind.

Priorisierung: die wichtigen Aufgaben von den dringenden unterscheiden

Agiles Arbeiten beginnt mit der richtigen Priorisierung. Es geht darum, die wichtigen Aufgaben von den dringenden zu unterscheiden und sicherzustellen, dass das Team sich auf das konzentriert, was wirklich Wert schafft. Eine effektive Priorisierung ermöglicht es uns, Ressourcen optimal zu nutzen und schneller auf Veränderungen zu reagieren. Aber wie erreicht man das? Ein Schlüssel liegt im Verständnis der Bedürfnisse der Stakeholder und im Einsatz von Techniken wie der MoSCoW-Methode, um die Wichtigkeit von Aufgaben zu bewerten.

Vernachlässigt ein Team die Priorisierung, resultiert dies oft in überlasteten Product Ownern, frustrierten Stakeholdern, einem demotivierten Team und einem unausgereiften Produkt. Wichtige, marktrelevante Aufgaben bleiben liegen, während unwichtige bearbeitet werden.

Klare Priorisierung hingegen ermöglicht es Product Ownern Ihre Ressourcen effizient zu nutzen, Stakeholdern ein bedürfnisgerechtes Produkt zu präsentieren, dem Team sich auf wertvolle Aufgaben zu konzentrieren und ein qualitativ hochwertiges Produkt zu entwickeln.

Fokus: Qualität statt Quantität

In der agilen Welt ist Fokus unerlässlich. Teams, die sich auf zu viele Dinge gleichzeitig konzentrieren, verlieren oft den Blick fürs Wesentliche. Die Qualität leidet, und wichtige Projekte verzögern sich. Es ist wichtig, sich auf wenige, aber wesentliche Aufgaben zu konzentrieren und diese mit höchster Sorgfalt zu erledigen. Dies erfordert Disziplin und eine klare Kommunikation innerhalb des Teams und mit den Stakeholdern.

Ein Team, das an zu vielen Aufgaben gleichzeitig arbeitet, verliert oft den Blick fürs Wesentliche. Die Qualität leidet, und wichtige Projekte verzögern sich.

Wenn sich ein Team auf wenige Schlüsselaufgaben konzentriert, verbessert sich die Qualität der Arbeit, und wichtige Projekte werden effizienter und erfolgreicher umgesetzt.

Transparenz: Fundament für Vertrauen und Zusammenarbeit

Transparenz in agilen Prozessen schafft Vertrauen und fördert eine effektive Zusammenarbeit. Sie ermöglicht es allen Beteiligten, den Fortschritt zu verfolgen, Probleme frühzeitig zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Die Nutzung von Tools wie Kanban-Boards kann hierbei eine große Hilfe sein. Transparenz bedeutet, offen über Fortschritte, Herausforderungen und Misserfolge zu sprechen, was eine Kultur des Vertrauens und der Zusammenarbeit fördert.

Transparenz fördert auch Selbstorganisation und Eigenverantwortung, und das aus mehreren Gründen:

  1. Klarheit und Kontext: Transparenz stellt sicher, dass alle Teammitglieder über den aktuellen Stand des Projekts, die Ziele und die Herausforderungen im Bilde sind. Diese Klarheit ermöglicht es den Teammitgliedern, informierte Entscheidungen zu treffen und eigenständig zu handeln, anstatt auf Anweisungen von oben zu warten.
  2. Vertrauen und Autonomie: Wenn Informationen offen geteilt werden, signalisiert dies den Teammitgliedern, dass ihnen vertraut wird. Dieses Vertrauen stärkt das Gefühl der Eigenverantwortung und ermutigt die Mitarbeiter, Initiative zu ergreifen und selbstständig Lösungen zu finden.
  3. Bessere Entscheidungsfindung: In einem transparenten Umfeld hat jedes Teammitglied Zugang zu den Informationen, die es benötigt, um sinnvolle Beiträge zu leisten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies fördert eine Kultur, in der Entscheidungen auf der Grundlage von Daten und gemeinsamem Verständnis getroffen werden, anstatt auf hierarchischen Positionen zu basieren.
  4. Gemeinschaftliches Problemmanagement: Transparenz bedeutet auch, dass Probleme und Herausforderungen offen diskutiert werden. Dies ermöglicht es Teams, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und Verantwortung für die Ergebnisse zu übernehmen, anstatt Probleme unter den Teppich zu kehren oder sie auf Einzelne abzuwälzen.

Transparenz schafft ein Umfeld, in dem Selbstorganisation und Eigenverantwortung nicht nur möglich, sondern auch notwendig sind, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Sie ist eine grundlegende Säule agiler Arbeitsweisen.

Fehlende Transparenz kann zu Überlastung, Mehraufwänden, Misstrauen, unzureichender Kommunikation und unkoordiniertem Vorgehen führen, was die Projekteffizienz beeinträchtigt.

Hohe Transparenz hingegen fördert Vertrauen, erleichtert die Kommunikation, verbessert die Koordination und führt zu einer effizienteren und effektiveren Projektumsetzung.

Warum kann man innerhalb der vorhandenen, hierarchischen und arbeitsteiligen Strukturen nicht agil arbeiten?

Ein weiteres Problem, dem ich in der Praxis oft begegne, ist, dass versucht wird, innerhalb der vorhandenen, hierarchischen und arbeitsteiligen Strukturen agil zu arbeiten.

Das Hauptproblem liegt in der grundlegenden Ausrichtung dieser Strukturen. Sie sind oft starr und auf die reine Abarbeitung festgelegter Aufgaben und der Kontrolle der Ausführung ausgerichtet. Agilität setzt allerdings Flexibilität und Selbstorganisation voraus. So kann besser mit komplexen Rahmenbedingungen und Aufgabenstellungen umgegangen und sich ändernden Prioritäten reagiert werden.

In hierarchischen Organisationen werden Entscheidungen meist von oben nach unten getroffen, was die schnelle Reaktionsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit, die für agiles Arbeiten erforderlich sind, einschränkt. Agile Methoden hingegen fördern Entscheidungsfindung dort, wo die Probleme auftauchen, nämlich auf Teamebene, was schnelleres Handeln und Anpassen an Veränderungen ermöglicht.

Arbeitsteilige Strukturen neigen dazu, Aufgaben in isolierte Segmente aufzuteilen, was der integrativen, teamübergreifenden Zusammenarbeit im Wege steht, die für agiles Arbeiten charakteristisch ist. Der Überblick, die Kundenorientierung und die ganzheitliche Bearbeitung gehen damit verloren. Sehr oft werden auch einfach neue (Teil-)Aufgaben begonnen, nur um im eigenen Silos zeiteffizient zu arbeiten, ohne dass bereits begonnene Arbeiten zeitnah abgeschlossen werden. Die Menge an angefangenen Aufgaben steigt somit stetig, ohne dass erkennbar ist, dass sie in absehbarer Zeit abgeschlossen werden. Womit sich die Arbeitslast der Mitarbeiter*innen noch weiter erhöht, da ständig über „noch nicht fertige“ Aufgaben gesprochen wird und diese parallel mitlaufen müssen. Agile Methoden erfordern hingegen eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Teammitgliedern mit unterschiedlichen Fähigkeiten, um komplexe Aufgaben für die Kunden effektiv und zeitnah zu lösen.

Kurz gesagt, der Versuch, agile Methoden in traditionellen Strukturen anzuwenden, führt oft zu Konflikten und Ineffizienzen, da die Grundprinzipien der Agilität – Flexibilität, Selbstorganisation, teamübergreifende Zusammenarbeit und schnelle Anpassungsfähigkeit – mit den starren, hierarchischen und arbeitsteiligen Charakteristika traditioneller Strukturen kollidieren.

Agiles Arbeiten geht weit über das agile Mindset hinaus. Die Beherrschung der Grundlagen wie Priorisierung, Fokus und Transparenz ist entscheidend. Durch ihre konsequente Anwendung können wir die volle Kraft der Agilität entfalten und nachhaltigen Erfolg in unseren Projekten erzielen.

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